Die Liberalisierung der Energiemärkte in Deutschland ist jetzt genau 25 Jahre her. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die turbulenten Anfangszeiten des Stromwettbewerbs oder die zähe Öffnung des Gasmarktes, die für die meisten erst gut zehn Jahre später zur freien Anbieterwahl führte. Alles war in Bewegung - in den letzten zehn Jahren aber leider mehr an der Regulierungsfront als im Wettbewerb. Warum dieser Rückblick? Weil uns die Energiemärkte seit zwei Jahren nicht mehr loslassen und - nachdem wir das Gröbste der Energiepreiskrise gerade hinter uns gelassen haben - uns fragen müssen, ob wir in der Umsetzung der Ziele, die wir uns gesetzt haben, noch auf dem richtigen Weg sind. Ein Thema jagt das andere – Verbrennerverbot, Heizungsgesetz, Strommarktreform, Wasserstoff im Wärmemarkt, LNG-Terminals – und wir kommen nicht richtig weiter. Eine gute Strategie sieht anders aus.
Die Frage lautet also: Wie können wir die Ziele durch Motivation und nicht durch Überregulierung erreichen? Mit der Energieplanwirtschaft auf nationaler bzw. auf EU-Ebene wird das vermutlich nicht funktionieren. Einfache Antworten gibt es nicht, aber ein erfolgversprechender Weg wäre es, die Regulatorik zu reduzieren und die Zielsetzung marktwirtschaftlich über die wichtigsten Zielgrößen zu erreichen. Zwei davon sind: CO2-Reduzierung und Versorgungssicherheit. Dann würden sich viele Diskussionen erübrigen, die Richtung wäre klarer und die Umsetzung effektiver und effizienter.
Für die Versorgungssicherheit ist z. B. mit AggregateEU ein Weg zur Diversifizierung der Gasbeschaffung für große Letztverbraucher eingeschlagen worden, der in die richtige Richtung zeigt und gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile ermöglicht. Hier darf man ein Lob an die Verantwortlichen aussprechen, da sie es für EU-Zeitmaßstäbe in Lichtgeschwindigkeit geschafft haben, dieses Projekt zum Erfolg zu führen. In der ersten Runde stand den nachgefragten 11,6 Mrd. m³ ein Angebot von 13,4 Mrd. m³ gegenüber. Einen aktuellen Bericht aus den VIK-Mitteilungen zum Thema finden Sie im Bereich Presse.
Ein anderes Beispiel ist der grüne Wasserstoff. Auch wenn der Markt derzeit noch nicht vorhanden, sondern im Aufbau ist, so lässt sich aber eine hohe Dynamik erkennen. Alle Akteure sind motiviert, die Netzbetreiber, die Händler und die Technologieanbieter. 2026 werden wir in ein starkes Wachstum einmünden und ab 2030 geht es los, also übermorgen. Gestern wurde an der EEX der Hydrix als wöchentliche Preisindikation für grünen Wasserstoff gestartet: Mit aktuell 230 €/MWh sind wir momentan noch weit weg von der Wirtschaftlichkeit in vielen Anwendungsbereichen. Aber das muss nichts heißen: Bei PV-Strom hatten wir die gleiche Situation vor 20 Jahren. Die EEG-Vergütung von ca. 50 ct/kWh hat sich seitdem auf weniger als ein Fünftel verringert.
Anders bei der CO2-Reduzierung. Als großer Letztverbraucher stehen Sie vor der Frage, welchen Weg Sie einschlagen, um diese Ziele zu erreichen. Einige Themen wie die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz oder der Umstieg auf CO2-freie bzw. -arme Energieträger sind offensichtlich. Andere Themen sind deutlich schwieriger, z. B. sich als „klimaneutral“ zu bezeichnen, ohne sich des „Greenwashings“ verdächtig zu machen. Aber auch hier ist die Richtung absehbar. Wer glaubt, es gäbe auf dem Weg zum klimaneutralen Wirtschaften Abkürzungen, z. B. durch Kompensation der CO2-Emissionen mit Klimaschutzzertifikaten, wird sich zunehmend öffentlicher Kritik oder Wettbewerberklagen ausgesetzt sehen. Wer hingegen auf die klare Strategie setzt, seine eigenen Emissionen und die der vor- und nachgelagerten Lieferketten zu reduzieren, wird am Ende belohnt werden. Die Umsetzung dieser Strategie wird in den meisten Fällen aber ein Marathon und kein Sprint. Und für die Entwicklung und Umsetzung der Strategie gibt es jetzt noch umfangreiche Förderungen, die sich miteinander verzahnen und kombinieren lassen. Weiterer wichtiger Faktor wird die transparente und glaubhafte Kommunikation mit den Stakeholdern werden.
Stichwort: Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese wird Sie spätestens bis zum Ende des Jahrzehntes sowieso erreichen, da gerade die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür gelegt werden. Fangen Sie jetzt damit an, damit der Druck nicht zu sehr steigt. Unsere Erfahrungen zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten teilen wir gerne mit Ihnen.