Die Bundesnetzagentur hat die Standardbedingungen der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) für die zukünftige Kapazitätsreserve genehmigt. Diese soll für höchst unwahrscheinliche Ereignisse vorgehalten werden und sichert den Strommarkt ab, wenn nicht ausreichend Erzeugungskapazität an den Märkten zur Verfügung stehen sollte. Sie wird alle zwei Jahre von den ÜNB in einem Ausschreibungsverfahren ermittelt; bemessen ist sie auf zwei GW Leistung. Die Ausschreibung für den ersten Erbringungszeitraum (1. Oktober 2020 bis 30. September 2022) startet am 1. September 2019.
Erzeugungsanlagen, Speicher und regelbare Lasten können mehrmals an der Ausschreibung teilnehmen. Anlagen, die Teil der Reservekapazität werden, dürfen nicht mehr am freien Strommarkt teilnehmen und auch nicht in den Strommarkt zurückkehren; ausgenommen sind Lasten.
Da das System der „Reserven“ am Strommarkt groß ist, geben wir zur Einordnung einen kurzen Überblick: Neben der Kapazitätsreserve gibt es noch die Netzreserve, die besonderen netztechnischen Betriebsmittel und die Sicherheitsbereitschaft. Die Netzreserve (auch „Winterreserve“ genannt, ca. 6,6 GW) soll den Redispatchbedarf der ÜNB abdecken, wenn im Winter die Windeinspeisung besonders hoch ist und die Leitungen gen Süden nicht genug Strom transportieren können. Sie wird aus Anlagen gebildet, die vorläufig oder endgültig stillgelegt werden sollten, aber von den ÜNB als systemrelevant eingestuft werden. Sie soll möglichst schnell reduziert und durch Flexibilisierungsmaßnahmen am Strommarkt aufgefangen werden. Besondere netztechnische Betriebsmittel sind von den ÜNB auszuschreibende und von Dritten zu betreibende Gaskraftwerke mittlerer Größe in einem Umfang von 1,2 GW, die der Netzstabilisierung (z. B. bei Ausfällen) dienen. Die Sicherheitsbereitschaft besteht aus acht stillgelegten Braunkohleblöcken mit 2,7 GW Leistung, die nach vier Jahren endgültig stellgelegt werden müssen. Sie kommt nach zehn Tagen Vorlauf nur zum Einsatz, wenn sonst nichts mehr geht. Sie kostet die Netznutzer ca. 1,6 Mrd. € und ist als Abwrackprämie für Braunkohlekraftwerke verschrien, da ein tatsächlicher Einsatz unwahrscheinlich ist.
Übrigens: Alle Kosten für die Reservevorhaltung werden auf die Stromnetzentgelte umgelegt.