Ein Gastkommentar von Markus Schnier, Inhaber der Beratungsgesellschaft ecotec
Wichtigste Voraussetzung zur Teilnahme ist ein passendes Beschaffungsmodell: Es können industrielle Letztverbraucher an der Auktion teilnehmen, die im eigenen (Sub- oder Kunden-)Bilanzkreis zusätzliche Drittmengen aufnehmen können. Dieses Modell ist bei großen Kunden ab etwa 100 Mio. kWh/a üblich. Diejenigen, die sich aktuell noch in einer Vollversorgung (zum Beispiel OTC-indiziertes Tranchenmodell) befinden, müssten mit ihrem Lieferanten eine Vereinbarung treffen, damit er dem Kunden nachträglich eine Beschaffung von Drittmengen über "AggregateEU" gestattet. Die Chancen hierfür stehen schlecht, da der administrative Aufwand hoch ist und der Lieferant wenig wirtschaftliches Interesse an diesem Modell haben dürfte.
Wichtig ist auch die Verbrauchsmenge: Bei einem Gasverbrauch von 100 Mio. kWh/a sind dies etwa 8,3 Mio. kWh/Monat, die damit nur knapp oberhalb der erforderlichen Mindestnachfrage von 5 Mio. kWh/Monat für die Belieferung in einem Marktgebiet liegen. Nur bei gleichmäßiger Struktur passt dieses Monatsband noch ins Portfolio, ohne es zu überdecken. Da die meisten Unternehmen für das Folgejahr schon Mengen abgesichert haben, werden es vermutlich eher die Unternehmen ab 300 Mio. kWh/a Gasverbrauch sein, die bei "AggregateEU" teilnehmen und sich selbst registrieren können. Interessiert man sich für die Lieferung an einen der LNG-Lieferpunkte Nordwesteuropa oder Südosteuropa, liegt die obligatorische Mindestmenge bei 300 Mio. kWh/Monat. Diesen Schwellenwert können nur Unternehmen erfüllen, die mehr als 5 Mrd. kWh/a Gasverbrauch aufweisen. Davon gibt es nur wenige. Zudem muss ein "Agent-on Behalf" die Logistikdienstleistungen ins Marktgebiet beziehungsweise in den Bilanzkreis organisieren. Die Teilnahme an der LNG-Ausschreibung funktioniert für die meisten Großkunden also nur, wenn sie ihre Nachfrage mit anderen Kunden in einen Topf werfen und im Pool auftreten.
Viele Fragen noch offen
Zurück zu den Industrieunternehmen ab 5 Mio. kWh Verbrauch pro Monat: Ist die Registrierung erfolgt, stellt sich die Frage, ob im Marktgebiet (idealerweise THE) ein attraktives Angebot mit genügend Volumen auf der Prisma-Plattform platziert wird, das der Kunde dann annimmt (ggf. bei zu hoher Gesamtnachfrage nur anteilig). Danach muss er sich bilateral mit dem Bieter über die vertraglichen Details einigen (Zahlung, Sicherheiten). Dazu stellt sich die Frage, ob die Angebote im Marktgebiet genauso attraktiv sind wie an den LNG-Lieferpunkten, wo die global agierenden Produzenten vermutlich eher Gas anbieten werden. Nachfrager, die nicht selbst auf der Plattform aktiv werden wollen, können das Zentraleinkäufermodell wählen. Der "Central Buyer" aggregiert die Mengen seiner Kunden, schließt selbst die Verträge mit dem Bieter und organisiert den Transport des Gases bis zum Kunden - quasi ein Lieferantenmodell. Das wäre zwar das komfortabelste Modell, welches aber gut verhandelt werden muss, damit es preislich mit dem Agent-on-Behalf-Modell vergleichbar ist. Hier darf man gespannt sein, wer sich auf der Plattform für dieses Modell registriert und welche Angebote gemacht werden. Bis jetzt gab es noch keinen Eintrag. Viele Fragen sind also noch offen, daher nur die wichtigsten: Besteht Interesse im Markt? Wie hoch sind die Logistikkosten vom LNG-Hub ins Marktgebiet? Werden für kleinere Unternehmen Hürden (zum Beispiel Sicherheiten) abgebaut?
Was spricht für eine Teilnahme?
Es muss also noch nachjustiert werden, um die Plattform zum Erfolg zu führen. Was spricht also für eine Teilnahme? Politisch ist ein Scheitern kaum vorstellbar. Die Verantwortlichen werden sich mit Nachdruck um Erfolg bemühen. Die Nachfrageverpflichtung für die Gasspeicher wird etwa 135 Mrd. kWh/a auf die Plattform bringen, die günstige LNG-Produzenten als Gelegenheit sehen könnten, um zusätzliche Mengen auf den Markt zu bringen. Bei aktuell rund 7 Euro/MWh am US-Henry-Hub ist viel Luft in Richtung TTF oder THE. Damit ergeben sich Chancen für Käufer. Dazu kommt die Ankündigung der EU, zukünftig auch grünen Wasserstoff und erneuerbare Gase über die Plattform zu vermarkten. Allein der Lernprozess ist den Aufwand wert. Und man kann nicht verlieren - nur wenn man nicht teilnimmt. Den Unternehmen, die nicht allein an der Plattform teilnehmen können oder wollen, ist ecotec gerne behilflich.
Nähere Informationen dazu finden sich in Kürze unter www.gas-pool.eu.