Zweifelsohne wird das Jahr 2025 ein Jahr der Überraschungen. Zumindest nach der Amtseinführung und der Rede des US-Präsidenten Donald Trump dürften da wenig Zweifel bestehen. Auch wenn bei vielen Ankündigungen noch nicht klar ist, ob sie durchgesetzt werden können, der Tenor ist jedoch unüberhörbar und wird sich merklich auf Europa und Deutschland auswirken.
Der erste Paukenschlag aus (energie-)wirtschaftlicher Sicht ist die Ankündigung, aus dem Green Deal auszusteigen und fossile Energieträger wieder stärker in den Markt zu bringen, um die eigene Industrie zu stärken und um den Export von Öl und LNG wieder zu steigern. Dazu hat Trump bereits den Energienotstand ausgerufen und mit Chris Wright einen Fracking-Unternehmer zum Energieminister gemacht. Mit dieser Strategie ist es aus US-Sicht folgerichtig, auch aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen, da die damit verbundene Steigerung der CO2-Emissionen den UN-Klimazielen diametral gegenübersteht. Welche Konsequenzen lassen sich abschätzen?
LNG wird weiter an Bedeutung gewinnen
Amerikanisches LNG wird am dortigen Handelspunkt „Henry Hub“ je nach Marktsituation und Wechselkurs zwischen ca. 5 und 10 €/MWh gehandelt und kostete 2024 damit je nach THE-Preis nur ein Fünftel bis ein Zehntel. Im letzten Monat erfolgte dort für den Frontmonat ein Anstieg auf bis zu 14 €/MWh, was in etwa der Preis ist, der auch Anfang 2023 zu zahlen war. Wie es weitergeht, ist eine spannende Frage. In den USA gibt es viele unabhängige Produzenten, die je nach Marktlage durch „Fracking“ Bohrlöcher in Betrieb nehmen oder stilllegen. Das unterscheidet sie von den Produzenten auf den großen Gasfeldern im Nahen Osten, die eher kontinuierlich fördern. Beiden ist aber gemein, dass sie fast ausschließlich Langfristverträge mit Importeuren abschließen, um die hohen Investitionskosten in den Bau der Verflüssigungsanlagen und der LNG-Flotte zu amortisieren.
D. h. erst nach Vertragsunterzeichnung investiert der LNG-Lieferant in die erforderlichen zusätzlichen Anlagenkapazitäten (z. B. die Verflüssigungsanlagen und Terminals sowie die LNG-Flotte). Wenn jetzt also zusätzliche neue LNG-Verträge mit Importeuren geschlossen werden, dauert eine erste Lieferung drei bis vier Jahre von der Vertragsunterzeichnung bis zum Beginn der Lieferung. Ein weiterer signifikanter Anstieg des Exports durch Trumps Initiative würde also erst ab 2028 erfolgen. Ab 2028 liegen wir dann aber auch auf den europäischen Märkten bei deutlich günstigeren Terminmarktpreisen. Denn dieses Szenario wird aufgrund des weltweiten Ausbaus von Verflüssigungskapazitäten bereits seit längerem eingepreist.
Kann der Erdgaspreis ab 2028 auch wieder steigen?
Es gibt mehrere Risiken, die dazu führen können, dass sich diese Preisentwicklung wieder dreht: Zum einen ein größerer Konjunkturaufschwung in Asien, der die Nachfrage stärker als erwartet steigen lässt. Denn es hängt immer von der Zahlungsbereitschaft der Kunden ab, ob ein Tanker (durch den „Golf von Mexico/Amerika“ und den Panamakanal) nach Asien oder nach Europa fährt. Zum anderen die Frage nach dem zukünftigen Bedarf der US-Industrie: „America First“ bedeutet auch, dass im Zweifel der Export weiterer Vorkommen beschränkt werden kann, um im Inland günstige Preise zu gewährleisten. Zusätzlich auch die Frage, ob die Dekarbonisierung in der EU so schnell wie geplant gelingt und damit der Umstieg auf regenerative Energieträger den Erdgasverbrauch reduziert. Eine weitere Unbekannte ist die Frage, welche Rolle russisches LNG bzw. Pipelinegas wieder spielen könnte. Wenn die neu geplanten, weiteren US-Sanktionen greifen, z. B. gegen die LNG-Terminals in Jamal und in Sachalin, könnte Erdgas wieder teurer werden. Andererseits wird russisches LNG im asiatischen Raum dann weitere Absatzwege finden und z. B. Lieferungen aus Australien und dem Nahen Osten verdrängen, was globalen Preisdruck ausüben könnte. Im Ergebnis werden die Einflussfaktoren auf die Preisbildung immer komplexer, was zu einem volatilen globalen Preisgefüge führen kann.
US-Ausstieg aus Klimaverträgen hat unvorhersehbare Auswirkungen
Wenn die USA als zweitgrößter „Klimasünder“ nach China aus dem Pariser Abkommen aussteigen, sind weitreichende globale Konsequenzen auf den Emissionshandel zu befürchten. Folgen z. B. andere BRICS-Staaten diesem Beispiel, ist das Abkommen tot. Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt. Die Konsequenzen wären nicht auszudenken. Jedenfalls werden sich, auch, wenn es nur bei den USA bleibt, erhebliche Herausforderungen ergeben. Insbesondere, wenn wir in der EU den Handel insgesamt mit den USA intensivieren wollen. Bekanntlich müssen die Exporteure, die kein Emissionshandelssystem haben und in die EU liefern wollen, zukünftig europäische CO2-Zertifikate kaufen, um ihre Produkte klimaneutral zu stellen. Wenn sich jetzt der Trend verfestigt, dass viele Grundstoffindustrien aus der EU aufgrund der höheren unternehmerischen Freiheiten und der deutlich günstigeren Energiepreise in die USA gehen, um dort zu produzieren, müssen sie, wenn sie ihre Waren in die EU liefern wollen, diese Zertifikate kaufen. Das wird seitens der Trump-Regierung vermutlich als Affront angesehen und im Gegenzug werden europäische Produkte mit noch höheren Importzöllen versehen als bereits in Aussicht gestellt. Damit wird der geplante Leitmarkt für grüne Produkte faktisch um einen der größten Märkte beschnitten. Vermutlich werden dann nur wenige Tonnen mit grünem Wasserstoff erzeugten Stahls den Weg aus Europa herausfinden, da auch die Zahlungsbereitschaft in anderen Regionen eher gering sein wird. Für den Klimaschutz brechen schwere Zeiten an. Wie ein pragmatischer Weg zwischen Verweigerung und Dirigismus aussieht, bei dem die globale Mehrheit mitzieht und den Klimaschutz wieder auf Kurs bringt, wird eine ganz spannende und überlebenswichtige Frage. Hoffen wir auf eine vernünftige und schnelle Lösung.
Fazit: Alle müssen sich jetzt erst einmal sortieren und die Auswirkungen der neuen US-Politik abschätzen. Zurück zur Ausgangsfrage, ob mehr US-LNG den Gaspreis in Deutschland verteuert: Wenn Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Information des Nachrichtendienstleisters energate auf dem Handelsblatt Energiegipfel in Berlin die Frage verneint, ob Deutschland versuchen solle, einen Deal mit Trump zu höheren LNG-Importen aus den USA zu schließen, mit dem Ziel, mögliche Importzölle zu vermeiden und ergänzt, es mache alles teurer, wenn wir dafür auf norwegisches Gas verzichten, verkennt er die Preisbildung auf dem Gasmarkt: Norwegisches Pipelinegas richtet sich genauso nach dem Marktpreis (in Deutschland das Marktgebiet „THE“) wie LNG. Von günstigeren Produktions- und Logistikkosten profitieren nicht die deutschen Verbraucher, sondern die Norweger, da sie das Erdgas deutlich günstiger per Pipeline an THE bereitstellen können als LNG. Mehr US-LNG erhöht dagegen den Wettbewerb in der EU und führt prinzipiell zu sinkenden Marktpreisen. Für das Klima ist beides nicht gut – aber bis zum Vorhandensein einer wirtschaftlichen Alternative wohl unvermeidbar. Bei einer Aussage hingegen liegt er richtig: Für den Gasimport sind die Unternehmen zuständig, nicht die Politik. Aber die Politik beeinflusst mit den Rahmenbedingungen, z.B. den Sanktionsregimen und den CO2-Abgaben, den Preis für die Verbraucher.
Falls Sie Interesse an einem direkten LNG-Bezug haben, finden Sie hier weitere Informationen.