Wenn von der EU-Kommission Aktionspläne ausgerufen werden, werde ich spätestens seit dem „Green Deal“ von 2019 nervös oder zumindest skeptisch. In Erinnerung ist mir eine Veranstaltung vor einigen Jahren geblieben. Dort brachte der CEO eines der beiden großen deutschen Energieunternehmen die ca. 1.500 Seiten des Green Deals in drei dicken Ordnern mit auf die Bühne. Er fragte sinngemäß: „Wie soll man mit diesem planwirtschaftlichen Dokument effizient arbeiten und welche unternehmerischen Freiheitsgrade bleiben übrig?
Ein neuer Green Deal?
Jetzt ist es wieder so weit. Die Energiepreise sind im vergangenen Jahr deutlich gestiegen - anders als erhofft. Viele EU-Staaten haben ihren Unmut darüber bei der Kommission geäußert und die Verantwortung dafür in Richtung EU geschoben. Wie immer, wird dann von der Kommission ein Plan erstellt, der mit viel Medienbegleitung verkündet wird. Der zuvor „geleakte“ und am 26. Februar vorgestellte „Action Plan for Affordable Energy“, im Rahmen des Clean Industrial Deals, soll den „wahren Wert der Energieunion für bezahlbare, effiziente und saubere Energie für alle Europäer sicherstellen“ und die Wende bringen. Dem Dokument zufolge belasten die hohen Energiekosten die Bürger und die Industrie, was die Abwanderung kritischer Industrien begünstigt. Als Haupttreiber werden folgende Problemfelder genannt:
- Abhängigkeit von importierten, fossilen Brennstoffen: Diese führt zu Preisschwankungen und höheren Versorgungskosten.
- Ineffizienzen im Stromsystem: Mangelnde Integration und lange Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien erhöhen die Kosten.
- Steigende Systemkosten, insbesondere Netzgebühren und Steuern: Diese machen einen erheblichen Teil der Stromrechnung aus und könnten (!) weiter steigen.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Dazu wurden Aktionsfelder zur Senkung der Energiekosten, zur Sicherung der Preisstabilität, zur Stärkung der Energie-Union und der Wettbewerbsfähigkeit sowie zur besseren Vorbereitung auf Preiskrisen identifiziert. Leider gibt es dabei nicht viel Neues. Daher nur ein Best of der Schlagworte: „Stromkosten bezahlbar machen bzw. die Kosten der Erzeugung senken ... PPA fördern .... Genehmigungen beschleunigen .... Netze zügig ausbauen ... Die Flexibilität erhöhen .... fairer Wettbewerb und Vermeidung von Marktmissbrauch .... Förderung von Energieeffizienz, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu steigern usw. ...“.
Noch mehr Strategien und Regulierung
Wesentlich interessanter wird es auch bei Vorstellung der Maßnahmen nicht, wie z. B. „... neuer Plan zur Elektrifizierung ... strategische Roadmap zur Digitalisierung und künstlichen Intelligenz ... Strategie für saubere Energieinvestitionen ... Programm zum Austausch über die Weiterentwicklung der Kernenergie ...“. Um den PPA-Markt anzukurbeln, wird „ein Abkommen für bezahlbare Energie zwischen der energieintensiven Industrie, den Produzenten erneuerbarer Energien und den Mitgliedsstaaten“ für Großprojekte im Bereich Solar oder Offshore vorgeschlagen. Bis Anfang 2026 soll ein Whitepaper mit einem Regulierungskonzept entstehen. Als Vorbereitung auf Preiskrisen soll es dem Rat möglich sein, auf Vorschlag der Kommission eine „Preiskrise“ auszurufen. Dabei spielt die Reduzierung der Nachfrage eine wie auch immer geartete Rolle bei der Abmilderung.
Fazit: Wenn die „Welt“ schreibt, es handele sich um einen beispiellosen Bruch mit der aktuellen Politik, dass jetzt anstelle des Klimas die Entlastung der Wirtschaft im Zentrum stehe und der Autor das Ende des Green Deals sieht, kann ich diese Einschätzung nicht teilen. Das, was hier angekündigt wird, auch wenn es gut gemeint ist, verbessert nicht kurzfristig die Lage der energieintensiven Industrie und des produzierenden Gewerbes. Das meistbenutzte Wort ist „Regulierung“, danach „Strategie“. Wo wir durch Energieplanwirtschaft und überbordende Regulierung stehen, sehen wir besonders in Deutschland: Null-Wachstum, abwandernde Industrie und mit die höchsten Energiepreise weltweit. Eine aktuelle Erhebung zur Energiewende zeigt diese hohe Verunsicherung unter Entscheidern aus Industrie und Energiewirtschaft. Es ist an der Zeit für eine grundlegende Revision des „Green Deals“, um die Investitionsbereitschaft wieder zu erhöhen und zusätzlich kurzfristige und spürbare Entlastungen zu schaffen.