Lange erwartet, aber am Ende doch überstürzt das Licht der Welt erblickt – in der heutigen Ausgabe geht es um die Klimaschutzverträge, die die Bundesregierung am 6. Juni 2023 mit dem Vorverfahren auf den Weg gebracht hat.
Wir von ecotec erleben bei unseren Kunden zu diesem Thema viel Unsicherheit und möchten in der heutigen Ausgabe etwas Licht ins Dunkel bringen:
Klimaschutzverträge, zu Neudeutsch Carbon Contracts for Difference genannt, sind bereits seit einigen Jahren im Gespräch. Mit der neuen Bundesregierung rückten die Ziele der Reduktion von CO2-Emissionen um 65 % bis 2030 wieder mehr in den Vordergrund, die nach aktuellem Stand aber krachend verfehlt werden. Um das Ruder doch noch umzulegen, wurde nun die Idee der Klimaschutzverträge wieder aus der Schublade geholt.
Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Industrieunternehmen, mit denen Investitionen in die CO2-Reduktion vom Staat langfristig gefördert werden. Veranschlagt ist das Ganze für 15 Jahre Förderzeitraum.
Die Hoffnung der Regierung ist, die Markteinführung klimafreundlicher Prozesse in der Industrie über eine Abfederung der Kosten im Vergleich zu bewährten klimaschädlichen Technologien zeitlich deutlich vorzuziehen. Sie bieten Unternehmen finanzielle Planungssicherheit hinsichtlich bestimmter Preisentwicklungen und sichern somit gegen Risiken ab, die derzeit Investitionen in klimafreundliche Produktionsprozesse behindern.
Soweit so gut. Anfänglich sollten nur Schwergewichte der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie in den Genuss des Instruments kommen. Mittlerweile hat das Bundeswirtschaftsministerium den Adressatenkreis ausgeweitet, so dass nun alle Unternehmen der energieintensiven Industrie mit Anlagen ab einem jährlichen Ausstoß von 10 Kilotonnen Kohlendioxid teilnehmen können. Am 6. Juni 2023 wurde dazu das sog. Vorverfahren gestartet, in dem interessierte Unternehmen zwei Monate lang Zeit haben, ihr grundsätzliches Interesse zu bekunden.
Doch der Teufel steckt hier im Detail: wer glaubt, die Antragsformulare binnen weniger Stunden ausfüllen und absenden zu können, wird schnell eines Besseren belehrt. Komplex ist die detaillierte Beschreibung des geplanten Projekts, der Referenzanlage, anhand derer die CO2-Einsparung der eigenen Anlage gemessen wird und die Berechnung der genauen Treibhausgasemissionen, die mit dem Projekt eingespart werden.
Doch damit nicht genug: Weiter geht es mit der Beschreibung der erforderlichen externen Infrastruktur am Standort inkl. des genauen Planungsstatus, der Angabe über geplante Stilllegungen oder Umrüstungen von Vergleichsanlagen des Unternehmens und die Information über anderweitig beantragte Förderung. Last but not least geht es mit der Begründung, warum Ihr Projekt ausgerechnet ein Transformatives Produktionsverfahren ist weiter, bevor der Antrag dann in den kompliziertesten Teil mündet, der Berechnung der Erlöse und Kosten.
Spätestens hier wird klar, dass der Staat am Ende eher der Nutznießer als der Kapitalgeber der Klimaschutzverträge sein will. Gemäß dem Motto: die größte Kraftanstrengung liegt in der Vermeidung von möglichen Mitnahmeeffekten. Wie bei allen anderen Contracts for Difference gibt es auch hier einen positiven und einen negativen Förderbetrag. Das bedeutet, dass der Staat dem geförderten Unternehmen so lange bei der Investition unter die Arme greift, wie das Projekt höhere Kosten generiert als eine konventionelle Produktionsanlage. Kehrt sich dies aufgrund steigender CO2-Preise um, darf das Unternehmen keinerlei Gewinn darauf einbehalten, sondern muss den gesamten Mehrerlös an den Staat zurückzahlen.
Um dies zu erreichen, wird eine Dynamisierung in das Verfahren eingebaut. Kontinuierlich werden die Kosten und Erlöse entlang der aktuellen Energie- und CO2-Preise gespiegelt und das Verhältnis Förderung zu Erlös kontinuierlich nachjustiert. Schon beim Lesen ist klar, dass dies eine Mammutaufgabe wird.
Und auch hier sind die Unternehmen im Antrag ganz besonders gefordert: wie hoch sind die erwarteten grünen Mehrerlöse? Wie werden diese im Gebot eingepreist? Sind ihre Beschaffungskosten für Energieträger dynamisch? Allesamt Fragen, die sich nicht mit einem Federstreich beantworten lassen, zumal alles andere als klar ist, wohin die Preisentwicklungen in den nächsten 15 Jahren gehen wird.
Immerhin kann ecotec für interessierte Unternehmen bestätigen, dass der 7. August 2023 keine harte Frist für die Erstanmeldung zum System ist. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums können sich Unternehmen Zeit lassen, müssen dann allerdings damit leben, dass sie beim ersten Gebotsverfahren im Winter noch nicht teilnehmen dürfen. Allerdings wird dieses erste Verfahren nur der Stahlindustrie offen stehen und keinem weiteren Sektor. Es ist also keine Gefahr im Verzug. Geplant sind zwei Gebotsverfahren pro Jahr. Kommt es aber zu einer Unterzeichnung – immerhin ist ein mittlerer zweistelliger Milliardenbetrag in den Bundeshaushalt für die Klimaschutzverträge eingestellt – wird zusätzlich ausgeschrieben.
Wie am Ende die Gesamtrechnung nach Ablauf der Förderung, also nach 15 Jahren aussehen wird, ist ungewiss. Diese Unsicherheit müssen die Unternehmen verkraften und irgendwie in ihre Risiken miteinpreisen. Und eine weitere Unsicherheit besteht außerdem, ganz nach dem Motto „Und täglich grüßt das Murmeltier“: Die Klimaschutzverträge liegen wie so viele andere Ideen des Bundeswirtschaftsministeriums gerade in Brüssel bei der EU-Kommission zur Genehmigung. Ausgang: ungewiss.
Wir unterstützen gern unsere Kunden, wenn sie sich für dieses Abenteuer entscheiden. Gern können Sie uns dazu ansprechen. Wir prüfen in diesem Zusammenhang auch gern, ob nicht die Beantragung von alternativen Fördermitteln, die in vielfacher Form abrufbar sind, kurzfristig die sinnvollere Vorgehensweise ist. In der Regel sind die Antragsvoraussetzungen wesentlich einfacher zu erfüllen, die Förderung ist schneller abrufbar und muss bei erzielten Mehrerlösen auch nicht automatisch wieder zurückgezahlt werden. Rufen Sie uns einfach an – wir klären das für Sie.